Frequently Asked Questions
Übersicht der Fragen:
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1. Wie gut schützt mich PrEP?
Die Wirksamkeit hängt stark von der korrekten Einnahme der Medikamente ab. Werden diese täglich eingenommen ist der Schutz praktisch vergleichbar mit Kondomen. Die Wirksamkeit sinkt, wenn die Medikamente nur unregelmässig eingenommen werden.
PrEP bietet einen sehr hohen, jedoch keinen hunderprozentigen Schutz (das Kondom auch nicht!): Weltweit sind einzelne wenige Fälle bekannt wobei es zu einer HIV-Ansteckung trotz korrekter Einnahme von PrEP kam.
2. Kann ich, wenn ich PrEP nehme, vollkommen auf Kondome verzichten?
Sowohl PrEP, wie auch Kondome schützen beide nicht hundertprozentig vor HIV. Hundertprozentigen Schutz bietet nur Abstinenz - was für fast niemanden eine wirkliche Option darstellt.
Ob Du voll und ganz auf Kondome verzichten möchtest, ist Deine ganz individuelle Entscheidung - ganz abhängig von Deinem persönlichen Sicherheitsbedürfnis.
3. Welche Risiken hat PrEP?
Die beiden Medikamente Tenofovir (TDF) und Emtricitabine (FTC) sind in der HIV-Therapie seit Jahren bekannt. Unter dieser Kombination kann es zu Nieren-, Leber- und Knochenschäden kommen. Sie dürfen daher nicht bei einer vor bestehenden Erkrankung an diesen Organen eingenommen werden, zudem benötigt es regelmässige Blutkontrollen, um eine Schädigung der Organe rechtzeitig zu bemerken.
TDF und FTC sind kontrolliert eingenommen jedoch sehr wirksame und sichere Wirkstoffe.
Wird PrEP eingenommen, obwohl sich eine Person mit HIV infiziert hat, kann es zu Resistenzentwicklung beim Virus kommen, da TDF/FTC keine vollständige HIV-Therapie darstellt. PrEP darf zudem nicht bei einer akuten Hepatitis B Infektion eingenommen werden, da es hier nach Absetzen der PrEP zu einer Verschlimmerung der Leberentzündung kommen kann. PrEP schützt zudem nur gegen HIV und nicht gegen andere sexuell übertragbare Krankheiten und ist daher im Prinzip in Kombination oder Ergänzung zu Kondomen empfohlen. Werden Kondome nicht konsequent angewendet, sollten andere sexuell übertragbare Infektionen regelmässig ausgeschlossen werden.
4. Wie läuft eine PrEP-Beratung ab?
Die Inhalte einer PrEP-Beratung werden durch den PrEP-Interessenten/PrEP-User und die Beratungsperson gemeinsam definiert.
Gewisse Themen sind hierbei jedoch Pflichtinhalte, wie beispielsweise der "off-Label"-Use
Themenfelder umfassen:
5. Ich habe gehört, dass es verschiedene Möglichkeiten der PrEP-Einnahme gibt:
Welche ist die richtige für mich und welche die sicherste?
Welches Einnahmeschema für Dich das richtige ist, besprichst Du am besten mit Deinem PrEP-Berater.
Die Entscheidung hängt eng damit zusammen, wie häufig Du Sex hast und wie planbar diese Events sind.
Nicht alle Einnahmeschemata eignen sich für jede Situation und jedes Klientel.
Bezüglich Sicherheit zeigten sowohl die Ipergay, wie auch die PROUD-Studie die selbe Effektivität (effectiveness = Wirksamkeit innerhalb einer wissenschaftlichen Untersuchung) von 86%.
Die Wirksamkeit (efficacy = Wirksamkeit einer Präventionsstrategie, wenn sie vom Individuum wie Vorgesehen angewendet wird) ist nahezu 100%.
Innerhalb beider Studien (Ipergay und PROUD) gab es während der Studiendauer unter den Probanden, welche die PrEP wie angeordnet eingenommen haben, keine Serokonversion (also eine HIV-Infektion).
Grundsätzlich unterscheiden wir drei anerkannte Einnahmeschema für PrEP:
1. Daily PrEP
Dieses Einnahmeschema basiert auf den Erkenntnissen aus den Studien iPrEX und PROUD.
Hierbei nimmst Du täglich (möglichst immer etwa zur selben Zeit - so wird die Einnahme zur Routine) eine Tablette TDF/FTC ein. Dabei ist es wichtig, dass Du vor dem ersten ungeschützten Kontakt bereits einen Wirkstoffspiegel im Körper aufgebaut hast; wir empfehlen hier im besten Fall 7 Tage, mindestens jedoch 2-3 Tage. Ein grosser Vorteil dieser Methode ist, dass wenn Du mal eine Tablette vergisst, Du dann noch immer einen sehr hohen Schutz hast.
In der Vaginalschleimhaut wird TDF/FTC schlechter angereichert und benötigt deshalb immer eine "Vorlaufzeit" von 7 Tagen!
Wichtig: Für vaginalen Geschlechtsverkehr und Personen mit einer aktiven Hepatitis B-Infektion ist nur eine daily PrEP möglich und sicher.
2. Event-based / on demand PrEP
Das folgende Schema basiert auf den Erkenntnissen aus der Französischen und Kanadischen Studie Ipergay.
Hierbei wird im Kontext zu einem geplanten Sexualkontakt die PrEP nach einem standardisierten Schema eingenommen.
Im Wissen, dass es zu Analverkehr ohne Kondom in den kommenden 24 Stunden kommen könnte, ist die Einnahme der PrEP folgendermassen vorgesehen:
Einnahme von 2 Tabletten 2-24 Stunden vor dem Sex
Einnahme 1 Pille 24 Stunden, gefolgt auf die erste Einnahme
Einnahme 1 weiteren Pille, gefolgt auf die zweite Einnahme
Bei diesem Einnahmeschema ist es wichtig, keine Dosis zu vergessen. Dieses Schema wird etwas komplizierter, wenn es zu weiteren Sexualkontakten kommt. Deshalb widmet die Informationsbroschüre "UK guide to PrEP", die auf dieser Seite ebenfalls unter Informationsmaterial verfügbar ist, ein ganzes Kapitel diesem Thema und stellt anschauliche Grafiken zur Verfügung.
Wichtig: Dieses Einnahmeschema eignet sich nicht für Vaginalverkehr und ebenfalls nicht für Personen mit einer aktiven Hepatitis B-Infektion.
3. Holiday PrEP (nach dem 7-7-7-Schema)
Hierbei handelt es sich eigentlich um eine daily PrEP - nur mit dem Umstand, dass sie gezielt für einen abgesteckten Zeitraum begonnen und danach wieder abgebrochen wird. Diese Methode eignet sich beispielsweise für einen Ferienaufenthalt mit geplanten, kondomlosen Sexualkontakten (Gay Cruise, Sexferien, ...).
Zu beachten ist hierbei eine genügend lange Vorlaufzeit (hier vorgeschlagen 7 Tage: maximale Sicherheit und vor Beginn der Ferien sind allfällige "Starter-Syndrome" Nebenwirkungen verschwunden) und zwingend die Einnahme von PrEP an 7 sexfreien Folgetagen, bevor sie abgebrochen wird.
Dieses Schema eignet sich sowohl für vaginalen, wie analen Sexualverkehr - deshalb empfiehlt sich auch eine Weiterführung von 7 Tagen nach dem letzten Sexualkontakt (bei Analverkehr wären 2 Tage ausreichend).
Wichtig: Bei einer bekannten Hepatitis B-Infektion soll auf dieses Einnahmeschema verzichtet werden!
Zusätzlich hat sich ein weiteres Einnahmeschema eingebürgert:
4. Ts and Ss PrEP
Hinter diesen Buchstaben versteckt sich die folgende Logik: An den Englischen Wochentagen, die mit T beginnen und S enden (Tuesdays, Thursdays) und mit S beginnen und mit S enden (Saturdays, Sundays) wird je eine PrEP-Pille eingenommen. Die Überlegung, welche hier diesem Einnahmeschema zugrunde liegt, basiert auf der Annahme, dass in der Ipergay-Studie die Durchschnittliche Tablettenmenge pro Monat bei 15 Tabletten lag.
Die Datenlage suggeriert somit, dass eine Einnahme von 4 Tabletten wöchentlich für die Aufrechterhaltung des Wirkstoffspiegels ausreichend sei.
Diese Methode wurde in der Form bisher in keiner Studie wissenschaftlich untersucht. Sie folgt jedoch einer Daumenregel und begründet sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Wichtig: Dieses Einnahmeschema "verzeiht" keine vergessenen Pillen!
6. In welchen Abständen muss ich mich nach PrEP-Start medizinisch kontrollieren lassen?
Bezogen auf die PrEP werden generell etwa vierteljährliche Kontrollen empfohlen.
Dabei ist es wichtig, zwischen den notwendigen Safety-Checks aufgrund der Medikamenteneinnahme und der Kontrollen auf Geschlechtskrankheiten im Rahmen von Public Health zu unterscheiden.
Zudem findet bei den Kontrollen jeweils ein Gespräch statt, in dem die Zufriedenheit mit der PrEP insgesamt und dem aktuellen Einnahmeschema besprochen wird. Bestehende sexuell übertragbare Infektionen werden behandelt.
Safety Check aufgrund der Medikamenteneinnahme
Im Rahmen der vierteljährlichen Safety-Checks wird jeweils immer zwingend ein HIV-Test durchgeführt.
3 (-6) monatlich erfolgen Messungen der Nieren- und Leberwerte im Blut und Urinproben werden untersucht.
Tests auf Geschlechtskrankheiten im Rahmen von Public Health
Je nach Sexualanamnese werden auch Abstriche aus Hals, Harnröhre und Anus auf Gonokokken (Tripper) und Chlamydien abgenommen und es wird ein Bluttest auf Syphilis durchgeführt.
Wir empfehlen, diese Tests jeweils nach 10 Sexualpartnern durchzuführen.
Wenn Du jedoch eher ruhige, letzte 3 Monate hinter Dir hast, dann ist es nicht bei jeder PrEP-Kontrolle notwendig, immer einen vollständigen STI-Check durchzuführen.
Bei risikoreichen Sexualpraktiken, wo es auch zu Kontakt mit Blut kommt (beispielsweise Fisting, temporäre Piercings, Scrotum Saline Infusion), empfiehlt sich ein jährlicher Test auf Hepatitis C.
7. Wer bezahlt PrEP?
HIV-Medikamente für Menschen, die keine HIV-Infektion haben werden in der Schweiz nicht von der Krankenkasse bezahlt. Da die Preise für TDF/FTC sehr hoch sind beziehen viele Menschen die Medikamente deutlich günstiger über das Internet, was unter bestimmten Bedingungen legal ist. Hält man sich nicht an die Regeln, kann es zu rechtlichen Konsequenzen kommen, zudem besteht für diese Medikamente nicht die gleiche Garantie wie für in der Schweiz zugelassene Medikamente. Je nach Franchise bleibt zudem ein Selbstbehalt für Labor- und Arztbesuch-Kosten. Um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, konnten wir besondere Bedingungen mit unseren Partner-Labors verhandeln. Wir beraten Dich gerne vor der ersten Konsultation persönlich was für Kosten Du aktuell erwarten musst. Wir empfehlen Dir jedoch, Deine Franchise auf das Minimum zu reduzieren. Wer in einem Hausarztmodell versichert ist, benötigt in der Regel eine Überweisung an ein Zentrum mit PrEP-Sprechstunde.
8. An wen kann ich mich wenden, wenn ich denke, dass PrEP etwas für mich wäre?
PrEP sollte von einem Arzt begleitet werden, der Erfahrung mit HIV hat. Diese Betreuung kann auch in Delegation durch eine erfahrene Pflegefachperson geschehen, die eng supervisorisch begleitet wird.
Die begleitete PrEP erfolgt beispielsweise bei niedergelassenen HIV-Spezialisten, in infektiologischen Sprechstunden von Spitälern oder in einem der Schweizer Checkpoints. Zum Teil haben diese auch entsprechende Sprechstunden für PrEP-User aufgebaut.
Auf keinen Fall sollte eine PrEP ohne medizinische Kontrollen eingenommen werden!
Unter Zentren sind mögliche Anlaufstellen mit ausgewiesener Expertise im Bereich PrEP gelistet.
9. Ist es denn sicher, Medikamente im Internet zu bestellen?
Im Rahmen der PROUD-Studie haben die ForscherInnen bei den Probanden, die ihre Medikamente aus Online-Apotheken im Internet bezogen, Medikamentenspiegel getestet. Dabei gab es keinerlei Hinweise auf sogenannte Fake-Präparate.
Im folgenden Artikel, den Du hier herunterladen kannst, haben die Autoren der PROUD-Studie hierzu Stellung genommen.
Hinsichtlich der deklarierten Inhaltsstoffe und Wirkstoffmengen ist der Import also als unproblematisch zu betrachten.
Bei den Herstellerfirmen der Generika (wie beispielsweise Ricovir-EM® von Mylan in Swaziland, Tavin-EM® von Emcure aus Indien oder Tenvir-EM® von Cipla aus Indien) handelt es sich um lizenzierte Pharmafirmen, die den gesamten asiatischen und afrikanischen Markt beliefern.
Auf der Website iwantPrEPnow werden vertrauenswürdige Online-Apotheken gelistet.
Der Bestellvorgang ist teilweise umständlich und kompliziert. Wir haben für die gängigsten Online-Apotheken Bestellanleitungen verfasst, die wir bei Bedarf zur Verfügung stellen.
In der Schweiz ist es grundsätzlich jeder Apotheke gesetzlich erlaubt, im Rahmen eines Individualimports für den Einzelkunden ein Generikum, zum Beispiel aus Deutschland, zu bestellen. Erfahrungsgemäss sind die Medikamente innerhalb von 2-3 Arbeitstagen vor Ort verfügbar.
Alternativ besteht die Möglichkeit des Bezugs in Apotheken von Nachbarländern der Schweiz mit einem Schweizer Arztrezept. Beispielsweise in Deutschland ist seit Ende 2017 ein Generika von Ratiopharm erhältlich.
10. Verhalten sich Leute auf PrEP nicht einfach verantwortungslos?
Wir erleben Menschen, die sich für PrEP interessieren oder bereits PrEP-User sind, im Gegenteil als Personen, die sehr verantwortungsvoll mit sich und ihrer Umwelt umgehen. PrEP-User tun aktiv etwas für ihren Eigenschutz.
PrEP bietet, als Alternative zum Kondom, die Möglichkeit sich sehr sicher vor HIV zu schützen. Wer PrEP unter medizinischer Kontrolle einnimmt, wird regelmässig medizinisch betreut und auf Geschlechtskrankheiten getestet. Somit gehört die Mehrheit der PrEP-User wohl zu den am engmaschigsten getesteten Personen.
Aus den USA, wo das Originalpräparat Truvada® zur PrEP bereits seit 2012 zugelassen ist, stammt auch der Begriff #TruvadaWhore (Deutsch: "TruvadaHure"). Ähnlich wie der Englische Begriff Queer (Deutsch: komisch, seltsam, anders) wurde auch der Ausdruck #TruvadaWhore, der sehr negativ konnotiert war, positiv umgedeutet. In den USA tragen PrEP-User stolz T-Shirts mit dem Aufdruck #TruvadaWhore - so bietet sich die Möglichkeit, mit anderen Menschen der Community ins Gespräch zu kommen.
PrEP ist eine individuelle Entscheidung, die zu respektieren ist - genauso, wie wenn jemand sich für Kondome entscheidet, weil dies für ihn die beste Schutzstrategie darstellt.
11. Ist PrEP auch Safer-Sex?
Klar ja!
Als Safer Sex gilt:
1. Kondomgebrauch - richtig und konsequent angewendet
2. PrEP - korrekt eingenommen und bevorzugt unter ärztlicher Begleitung
3. #undetectable, resp. TasP - Sex mit einer HIV-positiven Person unter wirksamer Therapie (auch ohne Kondom und ohne PrEP)
4. Nicht ficken - Küssen, Lecken, Blasen oder Masturbieren
5. Exklusive Beziehung - Sex ausschliesslich innerhalb einer geschlossenen Beziehung (auch ohne Kondom und ohne PrEP)
Die Aktion Securion der Aidshilfe Schweiz greift das Thema Safer Sex dieses Jahr erstmals umfassend auf.
Die Wirksamkeit hängt stark von der korrekten Einnahme der Medikamente ab. Werden diese täglich eingenommen ist der Schutz praktisch vergleichbar mit Kondomen. Die Wirksamkeit sinkt, wenn die Medikamente nur unregelmässig eingenommen werden.
PrEP bietet einen sehr hohen, jedoch keinen hunderprozentigen Schutz (das Kondom auch nicht!): Weltweit sind einzelne wenige Fälle bekannt wobei es zu einer HIV-Ansteckung trotz korrekter Einnahme von PrEP kam.
2. Kann ich, wenn ich PrEP nehme, vollkommen auf Kondome verzichten?
Sowohl PrEP, wie auch Kondome schützen beide nicht hundertprozentig vor HIV. Hundertprozentigen Schutz bietet nur Abstinenz - was für fast niemanden eine wirkliche Option darstellt.
Ob Du voll und ganz auf Kondome verzichten möchtest, ist Deine ganz individuelle Entscheidung - ganz abhängig von Deinem persönlichen Sicherheitsbedürfnis.
3. Welche Risiken hat PrEP?
Die beiden Medikamente Tenofovir (TDF) und Emtricitabine (FTC) sind in der HIV-Therapie seit Jahren bekannt. Unter dieser Kombination kann es zu Nieren-, Leber- und Knochenschäden kommen. Sie dürfen daher nicht bei einer vor bestehenden Erkrankung an diesen Organen eingenommen werden, zudem benötigt es regelmässige Blutkontrollen, um eine Schädigung der Organe rechtzeitig zu bemerken.
TDF und FTC sind kontrolliert eingenommen jedoch sehr wirksame und sichere Wirkstoffe.
Wird PrEP eingenommen, obwohl sich eine Person mit HIV infiziert hat, kann es zu Resistenzentwicklung beim Virus kommen, da TDF/FTC keine vollständige HIV-Therapie darstellt. PrEP darf zudem nicht bei einer akuten Hepatitis B Infektion eingenommen werden, da es hier nach Absetzen der PrEP zu einer Verschlimmerung der Leberentzündung kommen kann. PrEP schützt zudem nur gegen HIV und nicht gegen andere sexuell übertragbare Krankheiten und ist daher im Prinzip in Kombination oder Ergänzung zu Kondomen empfohlen. Werden Kondome nicht konsequent angewendet, sollten andere sexuell übertragbare Infektionen regelmässig ausgeschlossen werden.
4. Wie läuft eine PrEP-Beratung ab?
Die Inhalte einer PrEP-Beratung werden durch den PrEP-Interessenten/PrEP-User und die Beratungsperson gemeinsam definiert.
Gewisse Themen sind hierbei jedoch Pflichtinhalte, wie beispielsweise der "off-Label"-Use
Themenfelder umfassen:
- Persönliche Erwartungen an eine PrEP
- Theoretischer Hintergrund und Forschungsergebnisse zur PrEP
- Information zu den Kosten von Medikamenten, Safety-Checks und Kontrollen auf STI
- Besprechung und Fixierung eines Einnahmeschemas (täglich, event-basiert, holiday)
- Wichtigkeit der Einnahmetreue der Medikamente und Tipps und Tricks zur Verbesserung der sog. Adhärenz
- Besprechung der notwendigen medizinischen Safety-Checks und deren Regelmässigkeit
- Empfehlung und Fixierung von regelmässigen STI-Checks je nach Sexualverhalten
- Mitteilung der bekannten Sicherheitsrisiken von TDF/FTC
- Verstehen und unterschreiben der Information "off Label"-Use
- Bezugsquellen von Generika über Online-Apotheken, Bezug in Apotheken der Schweiz oder in Nachbarländern
- Mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
- Quellen verlässlicher Informationen
- Bei Entscheidung für eine PrEP wird ein weiterer Kontrolltermin vereinbart
- Vor PrEP-Start wird auf die Wichtigkeit von erfolgten Hepatitis A+B-Impfungen hingewiesen und wo nötig diese durchgeführt
- Rezeptabgabe
5. Ich habe gehört, dass es verschiedene Möglichkeiten der PrEP-Einnahme gibt:
Welche ist die richtige für mich und welche die sicherste?
Welches Einnahmeschema für Dich das richtige ist, besprichst Du am besten mit Deinem PrEP-Berater.
Die Entscheidung hängt eng damit zusammen, wie häufig Du Sex hast und wie planbar diese Events sind.
Nicht alle Einnahmeschemata eignen sich für jede Situation und jedes Klientel.
Bezüglich Sicherheit zeigten sowohl die Ipergay, wie auch die PROUD-Studie die selbe Effektivität (effectiveness = Wirksamkeit innerhalb einer wissenschaftlichen Untersuchung) von 86%.
Die Wirksamkeit (efficacy = Wirksamkeit einer Präventionsstrategie, wenn sie vom Individuum wie Vorgesehen angewendet wird) ist nahezu 100%.
Innerhalb beider Studien (Ipergay und PROUD) gab es während der Studiendauer unter den Probanden, welche die PrEP wie angeordnet eingenommen haben, keine Serokonversion (also eine HIV-Infektion).
Grundsätzlich unterscheiden wir drei anerkannte Einnahmeschema für PrEP:
1. Daily PrEP
Dieses Einnahmeschema basiert auf den Erkenntnissen aus den Studien iPrEX und PROUD.
Hierbei nimmst Du täglich (möglichst immer etwa zur selben Zeit - so wird die Einnahme zur Routine) eine Tablette TDF/FTC ein. Dabei ist es wichtig, dass Du vor dem ersten ungeschützten Kontakt bereits einen Wirkstoffspiegel im Körper aufgebaut hast; wir empfehlen hier im besten Fall 7 Tage, mindestens jedoch 2-3 Tage. Ein grosser Vorteil dieser Methode ist, dass wenn Du mal eine Tablette vergisst, Du dann noch immer einen sehr hohen Schutz hast.
In der Vaginalschleimhaut wird TDF/FTC schlechter angereichert und benötigt deshalb immer eine "Vorlaufzeit" von 7 Tagen!
Wichtig: Für vaginalen Geschlechtsverkehr und Personen mit einer aktiven Hepatitis B-Infektion ist nur eine daily PrEP möglich und sicher.
2. Event-based / on demand PrEP
Das folgende Schema basiert auf den Erkenntnissen aus der Französischen und Kanadischen Studie Ipergay.
Hierbei wird im Kontext zu einem geplanten Sexualkontakt die PrEP nach einem standardisierten Schema eingenommen.
Im Wissen, dass es zu Analverkehr ohne Kondom in den kommenden 24 Stunden kommen könnte, ist die Einnahme der PrEP folgendermassen vorgesehen:
Einnahme von 2 Tabletten 2-24 Stunden vor dem Sex
Einnahme 1 Pille 24 Stunden, gefolgt auf die erste Einnahme
Einnahme 1 weiteren Pille, gefolgt auf die zweite Einnahme
Bei diesem Einnahmeschema ist es wichtig, keine Dosis zu vergessen. Dieses Schema wird etwas komplizierter, wenn es zu weiteren Sexualkontakten kommt. Deshalb widmet die Informationsbroschüre "UK guide to PrEP", die auf dieser Seite ebenfalls unter Informationsmaterial verfügbar ist, ein ganzes Kapitel diesem Thema und stellt anschauliche Grafiken zur Verfügung.
Wichtig: Dieses Einnahmeschema eignet sich nicht für Vaginalverkehr und ebenfalls nicht für Personen mit einer aktiven Hepatitis B-Infektion.
3. Holiday PrEP (nach dem 7-7-7-Schema)
Hierbei handelt es sich eigentlich um eine daily PrEP - nur mit dem Umstand, dass sie gezielt für einen abgesteckten Zeitraum begonnen und danach wieder abgebrochen wird. Diese Methode eignet sich beispielsweise für einen Ferienaufenthalt mit geplanten, kondomlosen Sexualkontakten (Gay Cruise, Sexferien, ...).
Zu beachten ist hierbei eine genügend lange Vorlaufzeit (hier vorgeschlagen 7 Tage: maximale Sicherheit und vor Beginn der Ferien sind allfällige "Starter-Syndrome" Nebenwirkungen verschwunden) und zwingend die Einnahme von PrEP an 7 sexfreien Folgetagen, bevor sie abgebrochen wird.
Dieses Schema eignet sich sowohl für vaginalen, wie analen Sexualverkehr - deshalb empfiehlt sich auch eine Weiterführung von 7 Tagen nach dem letzten Sexualkontakt (bei Analverkehr wären 2 Tage ausreichend).
Wichtig: Bei einer bekannten Hepatitis B-Infektion soll auf dieses Einnahmeschema verzichtet werden!
Zusätzlich hat sich ein weiteres Einnahmeschema eingebürgert:
4. Ts and Ss PrEP
Hinter diesen Buchstaben versteckt sich die folgende Logik: An den Englischen Wochentagen, die mit T beginnen und S enden (Tuesdays, Thursdays) und mit S beginnen und mit S enden (Saturdays, Sundays) wird je eine PrEP-Pille eingenommen. Die Überlegung, welche hier diesem Einnahmeschema zugrunde liegt, basiert auf der Annahme, dass in der Ipergay-Studie die Durchschnittliche Tablettenmenge pro Monat bei 15 Tabletten lag.
Die Datenlage suggeriert somit, dass eine Einnahme von 4 Tabletten wöchentlich für die Aufrechterhaltung des Wirkstoffspiegels ausreichend sei.
Diese Methode wurde in der Form bisher in keiner Studie wissenschaftlich untersucht. Sie folgt jedoch einer Daumenregel und begründet sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Wichtig: Dieses Einnahmeschema "verzeiht" keine vergessenen Pillen!
6. In welchen Abständen muss ich mich nach PrEP-Start medizinisch kontrollieren lassen?
Bezogen auf die PrEP werden generell etwa vierteljährliche Kontrollen empfohlen.
Dabei ist es wichtig, zwischen den notwendigen Safety-Checks aufgrund der Medikamenteneinnahme und der Kontrollen auf Geschlechtskrankheiten im Rahmen von Public Health zu unterscheiden.
Zudem findet bei den Kontrollen jeweils ein Gespräch statt, in dem die Zufriedenheit mit der PrEP insgesamt und dem aktuellen Einnahmeschema besprochen wird. Bestehende sexuell übertragbare Infektionen werden behandelt.
Safety Check aufgrund der Medikamenteneinnahme
Im Rahmen der vierteljährlichen Safety-Checks wird jeweils immer zwingend ein HIV-Test durchgeführt.
3 (-6) monatlich erfolgen Messungen der Nieren- und Leberwerte im Blut und Urinproben werden untersucht.
Tests auf Geschlechtskrankheiten im Rahmen von Public Health
Je nach Sexualanamnese werden auch Abstriche aus Hals, Harnröhre und Anus auf Gonokokken (Tripper) und Chlamydien abgenommen und es wird ein Bluttest auf Syphilis durchgeführt.
Wir empfehlen, diese Tests jeweils nach 10 Sexualpartnern durchzuführen.
Wenn Du jedoch eher ruhige, letzte 3 Monate hinter Dir hast, dann ist es nicht bei jeder PrEP-Kontrolle notwendig, immer einen vollständigen STI-Check durchzuführen.
Bei risikoreichen Sexualpraktiken, wo es auch zu Kontakt mit Blut kommt (beispielsweise Fisting, temporäre Piercings, Scrotum Saline Infusion), empfiehlt sich ein jährlicher Test auf Hepatitis C.
7. Wer bezahlt PrEP?
HIV-Medikamente für Menschen, die keine HIV-Infektion haben werden in der Schweiz nicht von der Krankenkasse bezahlt. Da die Preise für TDF/FTC sehr hoch sind beziehen viele Menschen die Medikamente deutlich günstiger über das Internet, was unter bestimmten Bedingungen legal ist. Hält man sich nicht an die Regeln, kann es zu rechtlichen Konsequenzen kommen, zudem besteht für diese Medikamente nicht die gleiche Garantie wie für in der Schweiz zugelassene Medikamente. Je nach Franchise bleibt zudem ein Selbstbehalt für Labor- und Arztbesuch-Kosten. Um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, konnten wir besondere Bedingungen mit unseren Partner-Labors verhandeln. Wir beraten Dich gerne vor der ersten Konsultation persönlich was für Kosten Du aktuell erwarten musst. Wir empfehlen Dir jedoch, Deine Franchise auf das Minimum zu reduzieren. Wer in einem Hausarztmodell versichert ist, benötigt in der Regel eine Überweisung an ein Zentrum mit PrEP-Sprechstunde.
8. An wen kann ich mich wenden, wenn ich denke, dass PrEP etwas für mich wäre?
PrEP sollte von einem Arzt begleitet werden, der Erfahrung mit HIV hat. Diese Betreuung kann auch in Delegation durch eine erfahrene Pflegefachperson geschehen, die eng supervisorisch begleitet wird.
Die begleitete PrEP erfolgt beispielsweise bei niedergelassenen HIV-Spezialisten, in infektiologischen Sprechstunden von Spitälern oder in einem der Schweizer Checkpoints. Zum Teil haben diese auch entsprechende Sprechstunden für PrEP-User aufgebaut.
Auf keinen Fall sollte eine PrEP ohne medizinische Kontrollen eingenommen werden!
Unter Zentren sind mögliche Anlaufstellen mit ausgewiesener Expertise im Bereich PrEP gelistet.
9. Ist es denn sicher, Medikamente im Internet zu bestellen?
Im Rahmen der PROUD-Studie haben die ForscherInnen bei den Probanden, die ihre Medikamente aus Online-Apotheken im Internet bezogen, Medikamentenspiegel getestet. Dabei gab es keinerlei Hinweise auf sogenannte Fake-Präparate.
Im folgenden Artikel, den Du hier herunterladen kannst, haben die Autoren der PROUD-Studie hierzu Stellung genommen.
Hinsichtlich der deklarierten Inhaltsstoffe und Wirkstoffmengen ist der Import also als unproblematisch zu betrachten.
Bei den Herstellerfirmen der Generika (wie beispielsweise Ricovir-EM® von Mylan in Swaziland, Tavin-EM® von Emcure aus Indien oder Tenvir-EM® von Cipla aus Indien) handelt es sich um lizenzierte Pharmafirmen, die den gesamten asiatischen und afrikanischen Markt beliefern.
Auf der Website iwantPrEPnow werden vertrauenswürdige Online-Apotheken gelistet.
Der Bestellvorgang ist teilweise umständlich und kompliziert. Wir haben für die gängigsten Online-Apotheken Bestellanleitungen verfasst, die wir bei Bedarf zur Verfügung stellen.
In der Schweiz ist es grundsätzlich jeder Apotheke gesetzlich erlaubt, im Rahmen eines Individualimports für den Einzelkunden ein Generikum, zum Beispiel aus Deutschland, zu bestellen. Erfahrungsgemäss sind die Medikamente innerhalb von 2-3 Arbeitstagen vor Ort verfügbar.
Alternativ besteht die Möglichkeit des Bezugs in Apotheken von Nachbarländern der Schweiz mit einem Schweizer Arztrezept. Beispielsweise in Deutschland ist seit Ende 2017 ein Generika von Ratiopharm erhältlich.
10. Verhalten sich Leute auf PrEP nicht einfach verantwortungslos?
Wir erleben Menschen, die sich für PrEP interessieren oder bereits PrEP-User sind, im Gegenteil als Personen, die sehr verantwortungsvoll mit sich und ihrer Umwelt umgehen. PrEP-User tun aktiv etwas für ihren Eigenschutz.
PrEP bietet, als Alternative zum Kondom, die Möglichkeit sich sehr sicher vor HIV zu schützen. Wer PrEP unter medizinischer Kontrolle einnimmt, wird regelmässig medizinisch betreut und auf Geschlechtskrankheiten getestet. Somit gehört die Mehrheit der PrEP-User wohl zu den am engmaschigsten getesteten Personen.
Aus den USA, wo das Originalpräparat Truvada® zur PrEP bereits seit 2012 zugelassen ist, stammt auch der Begriff #TruvadaWhore (Deutsch: "TruvadaHure"). Ähnlich wie der Englische Begriff Queer (Deutsch: komisch, seltsam, anders) wurde auch der Ausdruck #TruvadaWhore, der sehr negativ konnotiert war, positiv umgedeutet. In den USA tragen PrEP-User stolz T-Shirts mit dem Aufdruck #TruvadaWhore - so bietet sich die Möglichkeit, mit anderen Menschen der Community ins Gespräch zu kommen.
PrEP ist eine individuelle Entscheidung, die zu respektieren ist - genauso, wie wenn jemand sich für Kondome entscheidet, weil dies für ihn die beste Schutzstrategie darstellt.
11. Ist PrEP auch Safer-Sex?
Klar ja!
Als Safer Sex gilt:
1. Kondomgebrauch - richtig und konsequent angewendet
2. PrEP - korrekt eingenommen und bevorzugt unter ärztlicher Begleitung
3. #undetectable, resp. TasP - Sex mit einer HIV-positiven Person unter wirksamer Therapie (auch ohne Kondom und ohne PrEP)
4. Nicht ficken - Küssen, Lecken, Blasen oder Masturbieren
5. Exklusive Beziehung - Sex ausschliesslich innerhalb einer geschlossenen Beziehung (auch ohne Kondom und ohne PrEP)
Die Aktion Securion der Aidshilfe Schweiz greift das Thema Safer Sex dieses Jahr erstmals umfassend auf.